In der Barbarossastadt Gelnhausen, auf halber Strecke zwischen Frankfurt am Main und Fulda, befindet sich seit 1933 die Spedition Richard Müller GmbH & Co. KG. Das Angebot der Spedition Müller umfasst unter anderem Expressdienste, Tankzugverkehre, nationale und internationale Sammelverkehre, See- und Luftfracht, Beschaffungs- und Distributionslogistik sowie eine Tankfahrzeug-Innenreinigungsanlage. Als international agierendes Unternehmen trägt die Spedition Müller dazu bei, Lieferketten – auch internationale – über Grenzen hinweg aufrecht zu erhalten. Seit der Gründung befindet sich die Firmengruppe in Familienbesitz und wird heute in der dritten Generation weitergeführt. Mit dem Geschäftsführer Richard Müller sprachen wir über den beruflichen Alltag seit der Pandemie und welche Auswirkungen dies auf das Unternehmen mit seinen 65 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern hat.

„Es macht sich langsam eine gewisse Müdigkeit breit“, bemerkt Müller. Es sei nicht einfach, die Stimmung hochzuhalten. Dabei betont der Geschäftsführer jedoch auch, dass er nicht klagen könne und dürfe, insbesondere dann nicht, wenn er auf andere Branchen, beispielsweise die Veranstaltungsbranche, schaut. „Ja, wir haben insbesondere im zweiten Quartal 2020 Verluste erlitten. Dennoch sind wir bisher gut durch diese seltsame Zeit gekommen. Weder haben wir Kurzarbeit anmelden, noch Mitarbeiter entlassen müssen“, zeigt sich Müller zufrieden.

Richard Müller

Ebenfalls berichtet er, dass die Spedition zwischen den Jahren gut zu tun hatte und auch das neue Jahr vielversprechend anfing. „Jetzt lässt es allerdings wieder etwas nach“, fährt Müller fort. „Wir liegen ein bisschen drunter, nicht viel. Bezogen auf die aktuelle Lage sind wir mit dem Ergebnis zufrieden.“ Zufriedenheit herrscht allerdings nicht, wenn Müller sich an die ersten Wochen der „Corona-Zeit“ erinnert: „Das war schon eine harte Zeit für unsere und alle anderen Fahrerinnen und Fahrer!“ Wie Aussätzige sei das Fahrpersonal im März und April letzten Jahres behandelt worden. „Die Fahrer durften ja nirgends rein, um Toiletten oder Duschen zu benutzen. Glücklicherweise wurden dann die sanitären Anlagen auf den meisten Tank- und Rastanlagen wieder geöffnet!“ Eine größere Wertschätzung gegenüber den Lkw-Fahrern hätte sich der Geschäftsführer gewünscht.

Erhöhter organisatorischer Aufwand

Durch das implementierte Telematik-System wurden die Fahrer von der Geschäftsleitung und der Disposition immer zeitnah über neue Maßnahmen und Regelungen informiert. Mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wurden im Lager Besprechungen einberufen. „Dort haben wir Platz, um Abstand zu halten und dennoch persönlich über die neuesten Maßnahmen zu berichten“, erklärt Müller. Neben der persönlichen Ansprache wurde die Mannschaft zusätzlich schriftlich in Kenntnis gesetzt. „Als wir dann endlich alle mit Masken und Desinfektionsmittel ausgestattet hatten, wurde die Situation entspannter und wir haben das Arbeiten unter den gegebenen Bedingungen gut in den Griff bekommen!“

Wie viele andere auch, beklagt Müller die föderale Struktur. „Als bundesweit und über die Grenzen hinaus agierendes Unternehmen ist es ein immenser organisatorischer Aufwand die Vorschriften der einzelnen Länder tagesaktuell zu erfahren. Gerade in dieser Zeit wäre es hilfreich, wenn nicht jedes Bundesland sein eigenes Süppchen kocht und es stattdessen einheitliche Vorschriften gibt.“ Zu schätzen weiß Müller, dass die branchenspezifischen Verbände immer sehr zeitnah über die neuesten Maßnahmen und Vorschriften informieren.

Sorgen bereitet dem Unternehmer die 72-Stunden-Regelung. „Einerseits sollen wir als Logistiker auch in der Pandemie die Grenzen passieren und Waren transportieren, andererseits könnten uns die neuen Quarantäneregeln ausbremsen.“ Müller spielt damit auf die neue Musterquarantäneverordnung, die die Bundesregierung Anfang Januar erlassen hat, an. Demnach gelten diese Test- und Quarantäneregeln zwar nicht bei Aufenthalten von weniger als 72 Stunden, doch „wenn wir einen Fahrer nach England oder Spanien schicken, dann können wir nicht garantieren, dass diese 72-Stunden-Regelung eingehalten wird“, erklärt Müller. Kein Wunder, dass diese Verordnung für große Unruhe in der Logistik- und Speditionsbranche gesorgt hat.

Weihnachten im Lkw

Von den geschlossenen Grenzen in England kurz vor Weihnachten war übrigens auch ein Mitarbeiter der Spedition Müller betroffen. „Unser Fahrer sollte am 18. Dezember entladen. Das durfte er dann aber nicht mehr. Stattdessen musste er bis zum 21.12. warten. Dann mussten alle Fahrer zum Flughafen Manston in der Grafschaft Kent, um sich dort testen zu lassen. Glücklicherweise war unser Fahrer beim ersten Schwung am 23.12. dabei – und negativ! Der Arme hat dann für 30 km 20 Stunden gebraucht und war dann endlich am Morgen des 25. Dezembers in Calais und am Abend Zuhause“, erinnert sich Müller. Die Situation sei einfach unkalkulierbar. „Der Mitarbeiter hat‘s zum Glück locker genommen. Das Angebot, nach Hause zu fliegen, hat er ausgeschlagen, da er in kein Flugzeug steigt“, fährt Müller lachend fort. „Wir haben ihm dann einen Präsentkorb zukommen lassen, damit er sich Zuhause einen schönen Abend machen kann.“
Im persönlichen Kontakt fehlen dem Geschäftsführer vor allem die kurzen Gespräche mit seinen Fahrern. „Durch die Maske ist es auch nicht immer so einfach, die genauen Gefühlsregungen wahrzunehmen.“ Dennoch blickt der Unternehmer optimistisch in die Zukunft. „Wir müssen da gemeinsam durch und je besser wir das machen, umso schneller klappt das“, ist sich Müller sicher und fügt schmunzelnd hinzu: „Ich halte es mit Karl Valentin; ‚Früher war selbst die Zukunft besser.‘“

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 Als Anerkennung für das langjährig entgegen gebrachte Vertrauen nahm Richard Müller die Auszeichnung für „10 Jahre VTLSystempartner“ in Empfang.

 Hessischer Verkehrsspiegel 01/2021